Ein Thriller von Sivan Ben Yishai, Henrik Ibsen, Gerhild Steinbuch und Ivna Žic
Premiere: 29.06.2024
Theater und Orchester Heidelberg
Regie: Jana Vetten
Bühne: Camilla Hägebarth
Kostüme: Eugenia Leis
Musik: Cornelius Borgolte
Lichtdesign: Karsten Rischer
Dramaturgie: Maria Schneider
Advokat Helmer: Friedrich Witte
Nora, seine Frau: Henriette Blumenau
Doktor Rank / Ivar / Ein Paketbote: Thorsten Hierse
Kristine Linde / Emmy: Marie Dziomber
Rechtsanwalt Krogstad / Bobby: Leon Maria Spiegelberg
Anne-Marie, Kindermädchen bei Helmers: Nicole Averkamp
Live-Musik (Schlagzeug): Tommy Baldu
Noras Kinder (Toneinspielung): Anton Amores Schmölz, Greta Reus, Magnus Ring
Ab Neujahr wird Torvald Helmer Bankdirektor sein: Die lang ersehnte Beförderung verspricht einen ordentlichen Gehaltssprung und optimales gesellschaftliches Ansehen. Grund zur Freude also im Hause Helmer, gute Zeiten für Helmers drei Kinder und seine Frau Nora, sein »Eichhörnchen«, seine »kleine Lerche« – die allerdings ein Geheimnis mit großer Sprengkraft hütet. Uraufführung 1879. Großer Erfolg. Emanzipation. Fragezeichen.
Die Autorinnen Sivan Ben Yishai, Gerhild Steinbuch und Ivna Žic haben ausgehend von einer Idee der Münchner Kammerspiele jede auf ihre Weise die Geschichte aus neuen Perspektiven überschrieben. Auf den bürgerlichen Theaterthriller treffen Auseinandersetzungen mit Noras privilegierter Situation, die Perspektiven ihrer erwachsenen Kinder und der feministische Blick der ursprünglichen Nebenfigur Kristine Linde: »Stell dir das vor und vergesse alle Sätze, die du von anderen gehört hast.«
Pressestimmen:
Einen »vor Inhalt strotz[enden]« Abend rezensiert Sarah Kailuweit und schreibt in der Nachtkritik (online, 30. Juni 2024), die »Weiterschreibungen« von Ibsens Drama fügten sich wie »selbstverständlich« ein und eröffneten »neue Perspektiven«. Es sei sichtbar, dass Regisseurin Jana Vetten mit den Spieler*innen »ausführlich an den Figuren gearbeitet« habe; Henriette Blumenau in der Titelrolle fülle mit »Kraft und einer spürbaren Spielfreude« die ganze Bühne; »ebenso überzeugend« findet die Kritikerin die anderen Ensemblemitglieder. Fazit: Es stehe fest, dass das »Heidelberger Nora-Nachspiel durch das Zusammenspiel von Text, Bühne und Schauspielleistung ein gelungenes ist«.
Im Mannheimer Morgen (1. Juli 2024) gefällt Frank Barsch, wie Tommy Baldu mit seinem Percussion-Spiel die »Spannung« des Thrillers reguliere und die Monologe dynamisiere. Bis zur Pause werde ein »unterhaltsame[r] Mix« mit neuen Texten »voller sehenswerter Effekte« gezeigt, am Ende stehe die »Dekonstruktion« des Herrenhauses und der Versuch, »gleichzeitig Ibsens Stück, das Frauenbild und das Theater aus den Angeln zu heben«. In Erinnerung bleiben wird dem Rezensenten vor allem Henriette Blumenaus »ziemlich grandiose Nora«.
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